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UNDOGMATISCH

 

Grundsätze sind paradoxe Phänomene: Ihre Funktion ist es, eine Basis für mehr Freiheit im politischen Denken und Handeln bereitzustellen, faktisch errichten sie aber zunächst einmal eine ganze Reihe von Handlungssperren. Letzteres, frotzeln Rechte und verwirrte Linke, sei dogmatisch und schränke Menschen in ihrer Freiheit ein. Wir widersprechen: Es gibt Grenzen des Verhandelbaren. Darauf zu insistieren, ist kein Dogmatismus, noch steht es in einem Widerspruch zum Begriff der Freiheit. Im Gegenteil: Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Homo- und Transphobie zu ächten, rigoros und, wenn nötig, auch in der eigenen Peergroup, ist nicht dogmatisch, sondern eine fundamentale Bedingung, um auf dem Weg zu einer Welt (und Universität), frei von Herrschaft und Exklusion, voranzukommen. Davon zu unterscheiden sind »Grundsätze«, die suggerieren, der Weg dorthin wäre fertig vorgezeichnet, und es wäre nur eine Frage der richtigen politischen Gesinnung, ob mensch das Ziel erreicht. Für Programmatiken dieses Typs gibt es ein Wort: dogmatisch. Darüber hinaus nennen wir sie sektiererisch und antidemokratisch. Es gibt keinen linken Masterplan der Emanzipation. Welche Ziele, Forderungen, Allianzen etc. progressiv und opportun sind, muss - so mühsam es auch klingen mag - immer wieder neu im gemeinsamen politischen Diskurs ermittelt werden. Dogmen haben da nichts verloren. Zu unserem Verständnis von Politik gehört, dass wir uns über die Bedeutung von politischen Kategorien und Prinzipien ohne Angst austauschen und auch streiten können. Grundsätze, die das nicht ermöglichen, sind keine.

 

Fußnote: Die Liste ließe sich selbstredend noch um zahlreiche weitere Punkte ergänzen. Gemeint sind hier alle Formen und Manifestationen von Menschenfeindlichkeit, in ihren unmittelbar gewaltförmigen wie in ihren institutionellen, sachlich vermittelten Varianten.

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