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Wie „echt“ sind AG und JUNOS?


Wer den ÖH-Wahlzirkus aufmerksam beobachtet, der*m wird schon aufgefallen sein, dass die sogenannte Familie der Aktionsgemeinschaft und die Junos Studierenden damit werben, „echte“ Vertretungsarbeit zu machen. [1] Dabei kreiden sie der ÖH gerne an, ideologische Machtspielchen zu betreiben, wonach die Bedürfnisse der Studierenden nicht ausreichend berücksichtigt und ein zu weitreichender Fokus auf gesellschaftspolitische Anliegen gelegt werden würde. Es ist immer das gleiche alte Lied. [2]


Doch wie sieht es in der Praxis mit den vorgeblichen Bedürfnissen der Studierenden und der Antwort darauf durch AG und JUNOS aus? Nicht besonders „echt“ wie ein Blick auf die Verlautbarung der Kandidaturen für die Studienvertretungen auf der Universität Wien zeigt: Sophie Wotschke, Spitzenkandidatin für die JUNOS auf Bundesebene, [3] bewirbt sich auf der Uni Wien für die Fächer Japanologie, Katholische Theologie und Volkswirtschaftslehre um ein Studienvertretungsmandat [4] - obwohl sie laut Onlineauftritt der JUNOS lediglich VWL und Politikwissenschaft studiert. [5] Ähnliches ist bei der Aktionsgemeinschaft zu beobachten. Karoline Engstfeld vom Platz 4 der Bundesliste der AG [6] bewirbt sich zusätzlich um vier Studienvertretungsmandate, nämlich Byzantinistik/Neogräzistik, Finno-Ugristik, Musikwissenschaft so-wie Politikwissenschaft. [7] Und da sie nie müde wird, auf jeder Sitzung der Bundes- und Universitätsvertretung zu betonen, dass sie Jus studiert, scheint sie insgesamt sogar mindestens fünf Fächer zu belegen. Zu guter Letzt der fleißigste Anwärter auf das Mandat einer Studienvertretung: Armin Amiryousofi tritt für die AG auf Bundeslistenplatz 2 an [8] und bewirbt sich an der Uni Wien immerhin um Mandate in den Fächern Byzantinistik/Neogräzistik, Finno-Ugristik, Japanologie und Katholische Theologie. [9] Darüber hinaus tritt er jedoch auch für die Anglistik, Romanistik und Umweltsystemwissenschaften an, aber nicht etwa auch in Wien, sondern in Graz. [10] Eine Aufgabe, für die es normalerweise acht Personen in zwei Städten braucht - sehr fleißig! Natürlich stellt sich einem unbedarften Geist die Frage, wie drei Menschen 17 Ämter ausfüllen, dabei die Interessen der Studierenden wahren und für das propagierte Mehr an Service sorgen wollen. Die Antwort könnte einfacher nicht sein: gar nicht. Es geht diesen drei Personen nicht um aktive Vertretungsarbeit und Beratung, sondern um die Aufhübschung des eigenen Lebenslaufs und einen fraktionierten Fuß in der Tür der untersten Vertretungsebene. Eine derart dreiste Mehrfachbewerbung schließt das Wissen um die Interessen und Bedürfnisse der Studierenden am jeweiligen Institut per se aus. Darüber hinaus wird sie in Verbindung mit den angegebenen Ansprüchen und Forderungen zu einer
Respektlosigkeit gegenüber der Idee von Vertretungsarbeit und damit auch gegen jene, die angeblich von AG und JUNOS vertreten werden sollen – den Studierenden.


Dabei sind AG und JUNOS nicht nur in ihren Parteiprogrammen geeint, sondern auch beide gleichermaßen Vorfeldorganisationen von Bundesparteien, welche die ÖH missbrauchen, um goldene Sternchen in die Parteibücher ihrer Funktionär*innen kleben zu können. Während die JUNOS meistens keinen Hehl daraus machen, eine Jugendorganisation der NEOS zu sein, behauptet die AG jedes Jahr aufs Neue, sie sei unabhängig. Auf Fragen nach dem Nahverhältnis zur ÖVP findet die Spitze der Fraktion auch vor dieser Wahl keine Antwort, sondern betont sich windend bloß selbst die fragwürdigen Doppelfunktionen ihrer Mitglieder. [11] Denn wie unabhängig die Aktionsgemeinschaft tatsächlich ist, lässt sich leicht an der Führungsriege der Parteien ablesen: So ist Sabine Hanger, Bundesobfrau der AG, [12] die Tochter des ÖVP Nationalratsabgeordneten Andreas Hanger. [13] Sebastian Mühlbauer ist Bundesobfrau Stellvertreter [sic] der AG [14] und Obmann der Jungen ÖVP Penzing. [15] Der Kandidat der AG für Studienvertretungsmandate auf der Philosophie und den Allgemeinen Bildungswissenschaftlichen Grundlagen, Peter Treml, ist Mitglied der Jungen ÖVP Vöcklabruck. [16] Auch Spitzenpolitiker*innen der ÖVP gehen aus der AG hervor. So war bereits Harald Mahrer, Präsident des Wirtschaftsbundes der ÖVP, 1995 AG-Bundesobmann. [17] Diese Liste ließe sich ohne Weiteres fortsetzen und ist nur ein kleiner, sehr strukturorientierter Einblick in den Sumpf der Klüngelei, bestehend aus Kuschelselfies mit Parteigrößen in den sozialen Netzwerken und gegenseitigen Beweihräucherungen in Pressemitteilungen.

Der Weg von „echter“ Vertretungsarbeit zu einer Karrierepolitik auf Kosten der Studierenden ist bei der AG seit jeher kürzer als das eigene Wahlprogramm.

 


[1] Seit der Konstitution der aktuellen Bundes-ÖH führt die Koalition aus AG und JUNOS den Slogan echtevertretung.
[2] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20210326_OTS0103/oeh-wahl-21-aktionsgemeinschaft-startet-mit-du-bist-die-zukunft-wir-sind-deine-stimme-in-den-wahlkampf-bild
[3] https://wahl2021.oeh.ac.at/allgemeine-informationen/bundesvertretung/kandidat_innen/
[4] https://oeh.univie.ac.at/sites/default/files/CMS/Wahl%202021/Verlautbarung_STV_Stand_29.04.2021_unterschrieben.pdf
[5] https://studierende.junos.at/2021/03/02/sophie-wotschke-als-spitzenkandidatin-fuer-die-oeh-wahl-2021-gekuert/
[6] Siehe Anmerkung 2.
[7] Siehe Anmerkung 3.
[8] Siehe Anmerkung 2.
[9] Siehe Anmerkung 3.
[10] https://wahl.oehunigraz.at/files/2021/04/Verlautbarung-Wahlvorschlaege-und-Kandidaturen_final_signiert-2.pdf
[11] https://www.derstandard.at/story/2000108054422/sabine-hanger-erste-frau-an-der-spitze-der-groessten-oeh
[12] https://aktionsgemeinschaft.at/wp/bundesvorstand/
[13] https://oevpklub.at/andreas-hanger/
[14] Siehe Anmerkung 12.
[15] https://www.jvp-wien.at/jvp14/
[16] https://www.salzi.at/2017/04/jvp-voecklabruck-waehlte-neuen-vorstand/
[17] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20180518_OTS0173/aktionsgemeinschaft-gratuliert-neuem-wko-praesidenten-harald-mahrer

alle Links wurden zuletzt am 17.05.2021 abgerufen

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